Auffällige Erklärung der SÖZ-Partei in Wien: „Für manche Ausgaben besteht keine Offenlegungspflicht“

Auffällige Erklärung der SÖZ-Partei in Wien:  „Für manche Ausgaben besteht keine Offenlegungspflicht“
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SÖZ – Soziales Österreich der Zukunft hat auf Fragen von Utkan Haber mit bemerkenswerten Aussagen reagiert.

ANALYSE | Hasan Utkan Işılak

Politik lässt sich – insbesondere wenn es um öffentliches Geld geht – an zwei Begriffen messen: Wort und Nachweis. Worte schaffen Hoffnung, Nachweise schaffen Vertrauen. Ein Blick auf die letzten fünf Jahre der SÖZ-Partei in Wien zeigt jedoch: viele Worte, wenige belegbare Aufzeichnungen. Dabei geht es nicht um eine buchhalterische Spitzfindigkeit, sondern um eine Frage politischer Legitimität.

Bei der Wiener Landtagswahl am 27. April 2025 erreichte die SÖZ-Partei lediglich 0,84 Prozent der Stimmen. Nun steht sie erneut im Fokus der Öffentlichkeit – ausgelöst durch Vorwürfe ehemaliger Parteimitglieder, die diese über soziale Medien verbreiteten.

Über 421.000 Euro öffentliche Förderung in fünf Jahren

Recherchen von Utkan TV zufolge erhielt die SÖZ-Partei zwischen 2021 und 2025 finanzielle Unterstützung vom Land Wien in folgender Höhe:

  • 2021: 82.230,07 Euro
  • 2022: 82.230,07 Euro
  • 2023: 93.029,44 Euro
  • 2024: 100.285,74 Euro
  • 2025: 63.834,00 Euro

Damit beläuft sich die gesamte öffentliche Förderung innerhalb von fünf Jahren auf 421.609,32 Euro.

Das Versprechen von 2020: „Wir bestimmen die Prioritäten gemeinsam“

Parteivorsitzender Hakan Gördü erklärte am 13. Oktober 2020 öffentlich:
„Wir werden fünf Jahre lang jährlich 82.639 Euro erhalten, insgesamt 413.195 Euro Parteiförderung. Lassen Sie uns die Prioritäten gemeinsam festlegen.“

Fünf Jahre später fehlt jedoch sowohl eine dokumentierte gemeinsame Prioritätensetzung als auch ein umfassender Ausgabenbericht über die Verwendung der öffentlichen Mittel.

Das Gesetz mag Mindestanforderungen definieren – die Gesellschaft erwartet jedoch maximale Offenheit.

Anzumerken ist, dass die Differenz zwischen der 2020 angekündigten Gesamtsumme (413.195 Euro) und den tatsächlich ausbezahlten Mitteln (421.608 Euro) offenbar auf unterschiedliche Auszahlungs- und Abrechnungszeiträume zurückzuführen ist.

Die Kernfrage: Wohin flossen 421.608 Euro?

Zwischen 2021 und 2025 erhielt die SÖZ-Partei insgesamt 421.608 Euro an öffentlichen Geldern. Auf der offiziellen Website der Partei findet sich jedoch nur ein einziges veröffentlichtes Dokument: eine Ausgabenliste für das Jahr 2025 im Umfang von 113.406 Euro.

Für die Jahre 2021, 2022, 2023 und 2024 existiert bislang keine öffentlich zugängliche, detaillierte Aufstellung.

Die zentrale Frage lautet daher:
Für welche Projekte, Dienstleistungen und Zahlungen wurden die öffentlichen Mittel in den Jahren 2021–2024 verwendet?

Für eine Partei, die maßgeblich von den Stimmen der Diaspora getragen wird, reicht eine einseitige Offenlegung nicht aus. Politik, die öffentliches Geld nicht in Vertrauen umwandeln kann, vertieft ihre eigene Glaubwürdigkeitskrise.

Verantwortung erst auf Nachfrage?

Nach den Anfragen von Utkan Haber veröffentlichte Parteichef Gördü einen Social-Media-Beitrag und ließ die Ausgabenliste für 2025 auf der Parteiseite online stellen.

Die entscheidende Frage bleibt jedoch offen:
Wäre dieses Dokument auch ohne journalistische Nachfrage veröffentlicht worden?

Der aktuelle Stand in Kürze

  • Öffentliche Förderung 2021–2025: 421.608 Euro
  • Veröffentlichte Ausgabenliste: nur 2025 (113.406 Euro)
  • Nicht offengelegte Jahre: 2021–2024
  • Position der Partei: „Die gesetzlichen Transparenzpflichten wurden erfüllt, eine detaillierte Offenlegung ist nicht öffentlich.“

Für formale Prüfungen mögen Übersichtsberichte ausreichen. Doch wenn öffentliche Mittel – insbesondere aus Stimmen türkischstämmiger Wählerinnen und Wähler – stammen, erwartet die Gesellschaft mehr als bloße Überschriften.

„Rechtspflicht ist nicht gleich Vertrauenspflicht“

Auf die Frage von Utkan Haber, an welche Projekte, Personen oder Unternehmen die 421.000 Euro geflossen seien, antwortete die SÖZ-Partei schriftlich:

  • Die gesetzlichen Transparenzpflichten wurden erfüllt.
  • Detailaufstellungen nach Personen, Firmen oder Leistungen sind nicht öffentlich zugänglich.

Juristisch mag diese Haltung ausreichend sein – politisch ist sie es nicht. Öffentliche Gelder beziehen ihre Legitimation nicht nur aus dem Gesetz, sondern aus Vertrauen.

Besonders kritisch wurde die Formulierung der Partei aufgenommen, wonach das Auskunftsbegehren „eher aus Neugier darüber bestehe, wer was erhalten habe“. In einer Phase, in der die Partei unter der Ein-Prozent-Hürde liegt, wirkt diese Wortwahl eher erklärend für das Wahlergebnis von 0,84 Prozent, als vertrauensbildend.

Warum nur das Jahr 2025?

In der veröffentlichten Ausgabenliste für 2025 dominieren Posten wie PR-, Medien- und Agenturkosten, Drucksorten, Postversand, Wahlveranstaltungen, Online-Werbung, Kampagnenartikel und Personalausgaben. Auffällig ist, dass die Ausgaben über der für 2025 gewährten Förderung von 63.834 Euro liegen – ein Hinweis auf übertragene Mittel aus den Vorjahren.

Daraus ergeben sich drei weitere Fragen:
Wann wurden diese Mittel übertragen? Auf welcher Grundlage? Und zu welchem Zweck?

Stimmenverlust und personeller Zerfall

Mehrere zentrale Figuren aus dem ursprünglichen Führungskreis der Partei haben diese bis 2025 verlassen. Ehemalige Mitglieder berichten, Entscheidungen seien in einem sehr engen Kreis getroffen worden. Der Zusammenhang zwischen Stimmenverlust und innerparteilicher Erosion ist ein bekanntes Muster politischer Organisationen.

Nicht institutionalisierte Macht rettet den Moment – Rechenschaftspflicht trägt über Jahre.

Kostenlose Unterstützung vs. hohe PR-Ausgaben

Während des Wahlkampfs erklärten einige Journalisten öffentlich, sie hätten die Partei kostenlos unterstützt. Gleichzeitig zählt die PR- und Medienarbeit laut Ausgabenliste 2025 zu den größten Kostenblöcken. Auch wenn Zahlungen über Agenturen abgewickelt wurden, bleibt ohne Transparenz unklar, wofür öffentliche Gelder konkret eingesetzt wurden – ein weiterer Vertrauensbruch in den Augen vieler Beobachter.

Bekannte und unbekannte Fakten

Bekannt:

  • Öffentliche Förderung 2021–2025: 421.608 Euro
  • Veröffentlicht: nur Ausgaben 2025 (113.406 Euro)
  • Parteihaltung: Detailtransparenz gesetzlich nicht vorgeschrieben

Unbekannt:

  • Ausgabenaufstellungen 2021–2024
  • Konkrete Umsetzung des Versprechens „gemeinsam bestimmen“
  • Zeitplan für freiwillige Transparenz

Schlussbemerkung

Die Stellungnahmen der SÖZ-Partei wurden im Text unverändert wiedergegeben. Sollte die Partei künftig detaillierte Ausgabenlisten für die Jahre 2021–2024 veröffentlichen, wird diese Analyse entsprechend aktualisiert.

Diese Analyse stützt sich auf öffentliche Aussagen, die schriftliche Antwort der Partei sowie das einzig veröffentlichte Dokument auf der Parteiseite. Es handelt sich nicht um einen Vorwurf, sondern um eine Forderung nach Nachvollziehbarkeit.

Transparenz schützt. Nicht offengelegte Zahlen beschädigen.
Vertrauen ist Information mit Rechnung.

Yayınlama: 22.12.2025